10 Jahre Mister Matthew
Heute ist Sonntag, der 5. Mai 2024. Es ist der Tag, an dem mein Blog sein erstes großes Jubiläum feiert. 10 Jahre Mister Matthew klingt schön, aber irgendwie auch falsch. Besonders richtig aber fühlt sich an, dass ich die vergangenen Tage mit Freunden an der Ostsee verbracht und die letzte Nacht mit einem Umtrunk auf die 10 Jahre angestoßen habe. Wenngleich ich immer dachte, ich würde nach 10 Jahren eine große Sause schmeißen—und ich auch kurz dazu in Planung gegangen bin—fühlt es sich so irgendwie schöner an. 10 Jahre Mister Matthew, 10 Jahre einen Blog schreiben. Das sind über 1.200 Artikel und noch viel mehr Stunden am Computer. Die Jahre waren eine sehr interessante Reise, jedes dabei so individuell wie die persönliche Lebensphase, in der ich zum jeweiligen Zeitpunkt steckte. Ich machte in den letzten 10 Jahren mein Abitur, lernte Autofahren, absolvierte meinen Bachelor, zog von Zuhause aus, war Werkstudent und Trainee, hatte meinen ersten Vollzeitjob, schloss Freundschaften und verlor auch einige, reiste ganz viel durch die Welt und entdeckte dabei vor allem mich selbst. Heute möchte ich zurückblicken und schauen, was die letzten 10 Jahre auf meinem Blog alles so passiert ist. Von Erfolgen sowie Niederlagen—und der Liebesgeschichte zu einer Website, die in Zeiten von Social Media sogar bis heute anhält.
2014
Ich habe mir gerade die Haare blondiert und sitze mit einem Glas Rotwein bei meinem Freund. Er kocht, ich tippe auf meinem damaligen Blog bei Tumblr irgendwelche Dinge in das World Wide Web. Ich habe keine Ahnung, was ich hier tue, ich merke nur, dass ich Menschen erreiche. Es hat nicht lange gedauert, bis mein Freund auf den Vorschlag kommt, nicht bei Tumblr als externe Seite zu bloggen, sondern Inhalte auf meinem eigenen Server, meiner eigenen Website zu publizieren. Gesagt, getan—und er richtete mir einen Server, eine Domain und ein CMS ein. Begriffe, die mir damals noch unheimlich fremd waren. Der Fötus Mister Matthew beginnt zu wachsen. Ich weiß noch ganz genau, wie unbeholfen ich umhertippte, wie unüberlegt ich Blogartikel veröffentlichte. So unangenehm, dass ich sie hier kaum verlinken möchte. Unangenehm fanden dies viele Menschen, weshalb man sich damals über mich, als auch über Blogger in der Gesellschaft allgemein, lustig machte. Oh, wie sollten sich die Zeiten doch ändern.
2015
Eine große Wendung erfuhr mein Blog 2015, als ich die ersten bezahlten Kooperationen umsetzte, für meine Tätigkeit ein Gewerbe eröffnete und langsam, aber sicher, begriff, welche Macht das World Wide Web bereithält. Damals teilte ich jeden meiner Schritte in der neuen Story-Funktion bei Snapchat. Ich war davon besessen—und es gab kaum eine Sache, die ich nicht gepostet hatte. Nicht ohne Grund, denn: ziemlich schnell wurde es ziemlich wild. Im Februar reiste ich das erste Mal zur Berlin Fashion Week, wo ich nicht nur als Model eine Show von Matthias Maus lief, sondern auch mit Morgenpost/TAG24 ein Video über die Modewoche drehte. Mal ganz unter uns: ich hatte überhaupt keine Ahnung, was ich da eigentlich tat—habe aber so getan, als wäre ich der Mode-Gott schlechthin. Manchmal schäme ich mich für das damalige Selbstbewusstsein. Und dann fällt mir nach drei Sekunden wieder ein, dass es genau dieses (falsche) Selbstbewusstsein ist, welches man braucht, um in diesem Geschäft, in dieser Gesellschaft voranzukommen. Dem ist wahrlich so. Rückblickend wirkt es wie ein Fiebertraum. So arbeitete ich mit den Slimanis zusammen, feierte mit OIiver Pocher und Sarah Hay auf dem Semperopern Ball und betrat zum ersten Mal die Tür zum Blogger Bazaar Loft in Berlin. Ich lebte in meiner ganz eigenen Welt—und ich liebte es. Besonders stolz aber war ich damals auf eine meiner ersten Kooperationen mit den Designer‘s Open Leipzig. Hier treffe ich zum ersten Mal auf andere Blogger, tausche mich aus und lerne dazu.
2016
Mit 2016 hatte ich nicht nur mein Abitur in der Tasche, sondern tätigte mit meinem Blog ziemlich wilde und große Schritte. Alles begann damit, dass ich zur Mottowoche im Gymnasium eine Burka zur Schule trug—und darüber auf meinem Blog berichtete. Noch am gleichen Tag erschien dazu ein Artikel auf TAG24, am Montag darauf ein Artikel im Druck der Morgenpost. Dies nahm Lutz Bachmann bei einer PEGIDA-Veranstaltung zum Anlass, um öffentlich über mich zu hetzen. Dazu gibt es bis heute ein Video (ab Minute 11). Im Anschluss erhielt ich Kommentare, die ich zur Anzeige brachte, einen Drohbrief zum Haus meiner Eltern sowie einen Anruf vom ZDF, für eine Sendung die sich »Der Diktator« nennt. Eine Art Sozialexperiment à la Big Brother. Eine spannende Erfahrung, schaut es euch gerne an!
Dadurch wurden immer größere Kunden auf meinen Blog aufmerksam und ich kniete mich wirklich in das Blogger-Business rein. Auf einem Event von Lush lernte ich dann Melanie kennen, eine Bloggerin aus Dresden. Aus Bekanntschaft wurde Freundschaft und daraus ein Geschäft. Wir veranstalteten mit BLOST eines der ersten großen Bloggertreffen in Sachsen. Eine Wiederholung ließ nicht lange auf sich warten und wir gingen mit BLOST in die zweite Runde. Ich weiß noch ganz genau, wie aufgeregt und stolz ich war. Zu unseren Stargästen zählten Luise Morgen und Cindy Unger. Beide auf ihre Weise bekannt und einzigartig. Luise zählte damals zu den bekanntesten Bloggerinnen, Cindy kam gerade frisch von Germany’s Next Top Model. Alleine deshalb fühlte sich BLOST—und das ganze Jahr 2016—an wie ein einziger Traum. Ein Jahr, welches rückblickend großen Einfluss auf meinen Blog hatte. So klickten durch zahlreiche Medienberichte über meine Burka-Aktion, durch meine Teilnahme an der ZDF-Sendung sowie das Stattfinden der großen Bloggertreffen so viele Menschen auf meinen Blog, dass ich mich als Blogger festigen und wahrlich beeindruckende Aufrufzahlen vorweisen konnte. Damals hat mich sehr erschrocken, wie auch nur das kleinste Licht der Öffentlichkeit, falsche und geiernde Menschen auf einen ziehen kann.
2017
Wenn ich an 2017 denke, überkommen mich Glück und Unglück zugleich. Für den Blog lief es gut, aber privat herrschte irgendwie eine ziemliche Leere. Viele Bekanntschaften lösten sich auf, viele Freundschaften kamen zu einem Ende. So ist das eben manchmal im Leben. Mit großer Freude aber erfüllte mich meine Zeit in London. Hier flog ich mehrmals im Jahr hin—und lernte Land und Leute kennen. Außerdem lief ich zum ersten Mal als Model auf der London Fashion Week. Eine schöne Stadt, hübsche Männer, eigenes Geld. Ich schwebte in meiner eigenen Blase—und es gefiel mir sehr. Ganz und gar nicht gefiel mir, wie sich die Zusammenarbeit mit Melanie entwickelte. Nach BLOST 3.0, welches wir am Flughafen Dresden veranstalteten und eine echt gute Zeit hatten, gingen wir getrennte Wege. Ohne hier zu viele Details blicken zu lassen, möchte ich sagen, dass ich damals nicht fair behandelt wurde. Ich verlor in ihr eine Geschäftspartnerin—und viel schlimmer noch: eine Freundin. Melanie ist eine großartige Frau, über die ich kein schlechtes Wort lassen kann. Manchmal vermisse ich dich sogar, liebe Melanie. Danke für die tolle Zeit!
Und dann wäre ich 2017 fast mit Luisa Lion bei RTL2 für die Sendung “MJUNIK” in eine TV-WG gezogen. Aber leider sollte es ganz anders kommen. Anders wurde es auch auf meinem Blog, denn dieser wurde mit meinen Inhalten immer persönlicher. Ich schrieb Wochenrückblicke, erzählte ganz private Dinge, gab meinen Senf zur Dresdner Schwulenszene von mir und teilte meine tiefsten Gedanken zum Thema Freundschaft, Mobbing und Beziehung. Thematisch ein sehr spannendes Jahr für meinen Blog. Privat aber war ich sehr froh, als diese 12 Monate abgeschlossen waren. Und hätte ich gewusst, wie mich 2018 küssen würde, wäre ich bestimmt weniger negativ in das neue Blog-Jahr gestartet.
2018
Das neue Jahr startete spontan mit einer großen Reise auf die Kanaren, wo ich das erste Mal seit Jahren so richtig Urlaub machte. Meine Reisen vorher, sei es für Scarosso nach Italien oder für die Fashion Awards nach London, waren immer geschäftlicher Natur. Einen richtigen Urlaub, in dem es vor allem um eine entschleunigende Zeit geht, kannte ich gar nicht mehr so richtig. Auf der Reise lernte ich das Leben wieder genießen und war umgeben von tollen Menschen, guter Energie und ganz viel Liebe. Gerne denke ich an diesen Trip zurück. Ein Trip, der mir ebenfalls einfach nicht mehr aus dem Kopf geht, sollte kurze Zeit später folgen: ich bestieg für die Sendung Projekt Horizont von FUNK (ARD/ZDF) den Kilimandscharo—Afrikas höchsten Berg. Ein Abenteuer, welches definitiv mein Leben und meine Sichtweise darauf für immer verändert hat. Wer die Serie und/oder mich noch nicht kennt, lernt mein ganz persönliches und wahres Ich dort kennen. Näher kennenlernen konnte man mich auch in einer Mini-Podcast-Reihe namens „Männersache“, welche ich zusammen mit Silvio Zschage, dem Moderator der MDR Sachsen Morningshow, moderierte.
Das Jahr 2018 stellte einen kleinen Meilenstein für den Content auf meinem Blog dar. Mit Vanessa lernte ich eine neue Fotografin für meinen Blog kennen, die ich heute zu meinen engen Freunden zählen darf. Mit ihr konnte ich die Qualität der Bildsprache meines Blogs drastisch nach oben schrauben. Außerdem absolvierte ich einen Modejournalismus Kurs am Condé Nast College of Fashion and Design in London und schrieb von da an deutlich redaktioneller, weniger persönlichere Artikel auf meinem Blog. Condé Nast ist der Verlag hinter Vogue, GQ und Co., weshalb ich mir hier viele nützliche Tipps für meine Publikation mitnehmen konnte. Noch im gleichen Jahr arbeitete ich mit DHL und Vetements zusammen—und mein Blog erreichte seinen 1 Millionsten Klick. Ein Jahr, in dem mir viel zu Lächeln zu Mute war.
2019
Das Jahr 2019 war gefüllt mit Sonnenschein. Sei es durch meine Reise nach Kappadokien, meine Zeit auf dem Sonne-Mond-Sterne Festival, durch die Sonne in meinem Herzen oder den Scheinwerfer im Theater Junge Generation. Hier übernahm ich nämlich zwei Rollen. Im Stück »#NoFilter« war ich als interviewter Blogger in einem Video auf einem Bildschirm zu sehen, bevor ich im Stück »Whatever Love Means« richtig physisch auf der Bühne stand. Dies ließ mich das ganze Jahr über viele Stunden im Theater verbringen. Zum ersten Mal war nicht nur das Internet meine Bühne—und ich habe es geliebt. Vor allem wegen den Menschen, die ich jede Woche zur Probe sehen durfte. Eine herzerwärmende Zeit, an die ich gerne zurückdenke. Außerdem war es das letzte Jahr, bevor sich mit Corona vieles ändern sollte. Wenngleich es klingt wie eine Phrase—und viele eine große Veränderung mit Corona durchlebten—habe ich wirklich das Gefühl, dass ich mit 2019 in einer gewissen Form mit meinem alten Leben abgeschlossen habe. Und das fühlt sich rückblickend total gut und befreiend an.
2020—2022, oder auch COVID19
Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass 2020 ein seltsames Jahr für alle Menschen war. Mit Corona durchlebten wir eine Zeit, die für uns alle neu nund schwer war. Denke ich an Corona zurück, so sehe ich drei Säulen: neue Freundschaften, neue berufliche Wege, neue Ängste. Nach einigen Jahren der großen Lust und Leichtigkeit, fiel es mir 2020 ziemlich schwer, die Zukunft zu planen und im Weg liegende Steine zu übersteigen. Dennoch absolvierte ich mein Studium der Kommunikationswissenschaften, arbeitete als Werkstudent und durchlief ein Traineeship bei einer großen, angesehenen Kommunikationsagentur, bevor ich im Bereich der unternehmerischen Kommunikation meinen ersten Vollzeitjob annahm.
In den zwei Corona-Jahren 2020 bis 2022 war mein Blog eine Nebensache. Auch wenn in dieser Zeit die meisten—und mitunter auch die besten (weil sehr häufig geklickt) Artikel online gingen, war ich mit meinem Kopf nur in meinem Privatleben so richtig präsent und leidenschaftlich. Wie paradox, dass ich ausgerechnet in diesen Jahren meinen größten Deal mit meinem Blog machen und mit de Bijenkorf einen langfristigen Kooperationspartner für 3 Jahre finden sollte. Außerdem zog ich in meine erste eigene Wohnung und lernte, komplett auf eigenen Beinen zu stehen. Das fiel mir zwar leicht, war aber dennoch eine Herausforderung, die es zu meistern galt. Auch wenn ich mich wacker geschlagen hatte, haben mich diese zwei Jahre und ihre großen Veränderungen viel Energie, Nerven und Geld gekostet. Darüber haben mein Partner und ich auch in unserem Podcast »Dramasutra« gesprochen, welchen wir zu unserem 10. Jahrestag mit 10 Folgen ins Leben gerufen hatten.
2023
Nach 8 sehr wilden Jahren der eigenen Findung, verspürte ich im Jahr 2023 das erste Mal, wirklich erwachsen geworden zu sein. Ich bin in diesem Jahr in meiner Mitte angekommen und es fühlte sich verdammt gut an. Zu wissen, dass viele Entscheidungen aus der Vergangenheit doch richtig gewesen sind, fühlt sich unendlich fantastisch an. So war 2023 beruflich als auch privat ein sehr erfolgreiches Jahr. Für meinen Blog habe ich mir einen Traum erfüllt, der schon lange in mir schlummerte. Den September über habe ich in New York City verbracht und meinen ganz persönlichen Carrie Bradshaw Moment gelebt. Zwischen Alltag, Bloggen und New York Erkunden, habe ich das Leben und die Großstadtluft genossen. Ich bin in einer großen Stadt über mich hinausgewachsen und konnte einmal mehr für mich festigen, was ich eigentlich vom Leben möchte. New York war mein absolutes Highlight von 2023—und irgendwie auch von den Jahren zuvor. Es sollte einfach alles so kommen.
2024
Und einfach so war es 2024—und Mister Matthew wird 10 Jahre. Blicke ich auf die letzten 10 Jahre Mister Matthew zurück, so sehe ich immer wieder die aufgezählten Dinge aufpoppen. Wenngleich viel mehr Dinge passiert sind, viel mehr Handlungsstränge erzählt werden könnten, sind es überwiegend diese Ereignisse im Zusammenhang mit meinem Blog, die mich heute zu diesem Menschen, zu diesem Blogger gemacht haben. Und was im ersten Moment wie scheitern schmeckt, ist im zweiten Moment genau das Richtige, was hätte passieren können. Statt mit großer Party zu feiern, sitze ich mit den engsten Freunden in einem Haus an der Ostsee. Freundschaften, viel länger und wichtiger als 10 Jahre Mister Matthew.
Lieber Matthias, 10 Jahre – wo sind sie geblieben und doch, was ist in diesen 10 Jahren alles geschehen. Ein Reifeprozess und eine Prüfung. Leben heißt Erfahrungen sammeln. Viele Deiner Geschichten kenne ich und kann mich noch erinnern. Vor allem an unser gemeinsames London Wochenende – danke dir dafür sehr. Das heißt, wir kennen uns auch schon eine kleine Ewigkeit. Wir sehen uns nicht oft, aber wir denken aneinander. Wer weiß, was noch alles passieren wird, wichtig ist, dass man Freunde um sich hat, die immer für einen da sind, denn Freundschaft und Liebe sind das Wichtigste im Leben. Fühle dich ganz fest gedrückt, deine Bianca