Die Gay Szene in Dresden
Vor knapp 4 Jahren meinte in der Schule eine gute Freundin zu mir: »Matthew, du bist der einzige Schwule, mit dem ich mich noch nicht gestritten habe«. Was sich einerseits wie Musik in meinen Ohren anhörte, brach mir gleichzeitig das Herz. Sie war recht aktiv in der Gay Szene in Dresden unterwegs, hatte viele schwule und lesbische Freunde, schien aber dennoch nicht so wirklich glücklich damit gewesen zu sein. Im Laufe der Zeit erfuhr ich dann auch, wieso. Die Gay Szene in Dresden ist ein kleines Haifischbecken, welches auszuhalten gilt, wenn man darin überleben möchte. In den kommenden zwei Wochen findet der »CSD« in Dresden statt. Ein Anlass für mich mal ein paar Worte über meine Erfahrungen mit der Gay Szene in Dresden zu teilen. Vorab: ich möchte nicht meckern, ich möchte erzählen und hoffentlich zum Umdenken anregen.
Oft werde ich von meinen heterosexuellen Freunden gefragt, wie die Gay Szene in Dresden denn so sei. Gerade Schulfreunde und Klassenkameraden, die in ihrem Leben noch keine Berührungspunkte mit dieser »Welt« hatten, konnten sich unter ihr nicht wirklich viel vorstellen. Nicht selten habe ich dann nur von den tollen Seiten berichtet, welche die Gay Szene in Dresden ja auch zu bieten hat. Von den tollen Partys, den ausgefallenen Klamotten und der Offenheit. Die Schattenseiten habe ich bei solchen Erzählungen überwiegend unter den Tisch fallen lassen. Doch es ist genau diese Offenheit, die ich gelobt, oft aber in der Gay Szene in Dresden vermisst habe.
In den kommenden Tagen zum CSD verlangt die Szene von der Gesellschaft vor allem eins: Akzeptanz, Toleranz und Offenheit. Also genau die Dinge, welche sich die Szene nicht einmal untereinander schenken kann. Zu reich, zu arm, zu dick, zu dünn, zu kleiner Schwanz, zu dünnes Haar, zu hässlich, zu arrogant, zu asozial. Die Aufzählung könnte ewig so fortlaufen und würde noch viel schmutzigere Dinge und vor allem ganz viele Gerüchte enthalten. Ich habe schon immer das Gefühl, dass die Gay Szene in Dresden mehr Hass als Liebe produziert – und ehrlich gesagt habe ich die Schnauze ziemlich voll davon.
Mobbing in der Gay Szene in Dresden
Es macht mich wütend, vor allem aber traurig! Ich habe schwule Freunde, welche sich nicht mehr in Bars, auf Partys, unter Gruppen trauen, weil ihr Leben in der Gay Szene in Dresden gespickt ist von Hass und Gerüchten anderer. Das gleicht einer Art Mobbing. Genau dieser Art von Mobbing sind viele schwule und lesbische Teenager bereits in der Schule ausgesetzt. Und dann geht diese Katastrophe in der Gay Szene weiter, in der sie sich eigentlich Zuhause fühlen wollten.
Auch mein Freund und ich waren bereits einer Welle an Gerüchten und Lästereien ausgesetzt. Das wohl beste Gerücht aller Zeiten: Meine Nase und meine Wangenknochen sind operiert – und die Schönheitsoperationen hat mein Freund bezahlt. Ja gut. Was soll man da sagen. Da greift man sich an den Kopf und weiß nicht, ob man ausrasten oder dem Erfinder des Gerüchtes für seine Kreativität ein Lob aussprechen soll. Und so geht das dann mit den Gerüchten in alle Richtungen. Gelästert wird über den, der nicht da ist. Aber Hauptsache man zieht dann zum CSD durch die Straßen und brüllt um Akzeptanz. Aber bitte keine Dicken. Oder Arroganten. Oder Hässlichen. Oder eben Operierten.
Übrigens: ich bekam von dem Gerücht mit, weil der Erfinder und Verbreiter des Gerüchtes eines Tages in einem Hundesalon (was für ein Klischee) einer ihm wildfremden Frau davon erzählte. Nur blöd für ihn, dass das meine ehemalige Banknachbarin aus der Schulzeit war. Als mir das die Freundin erzählte, konnte ich gar nicht fassen, wie unheimlich dreist diese Person ist, dass sie solche falschen Dinge einer wildfremden Frau erzählt. Für mich ein Paradebeispiel für den oft ungebändigten Hass in der Gay Szene in Dresden.
Es schwebt eine Grundstimmung durch die Gay Szene in Dresden, die mir nicht nur nicht gefällt, sondern auch Sorgen bereitet. Wo soll das noch hinführen? Sozialneid und Hass scheinen Überhand genommen zu haben. Bei einigen Leuten in der Szene sprudeln die Gerüchte aus dem Mund, wie das Sperma beim Deepthroat. Glücklich sind diese Leute wohl nur, wenn sie sehen, dass es anderen schlechter geht als ihnen. Sich für die Mitmenschen in der Szene zu freuen, wenn sie hübscher, erfolgreicher, reicher, netter, charismatischer, sympathischer, lustiger sind? Nö. Lieber lästern und ausgrenzen.
Wie verbittert muss man sein? Wie boshaft kann man sein? In vielen Fällen scheint bei einigen in der Gay Szene in Dresden das Gehirn gänzlich ausgefallen zu sein. Ob es an zu viel lauter Musik, an zu viel Alkohol oder einfach nur an einer schlechten Erziehung liegt, spielt absolut keine Rolle. Denn kein Grund dieser Welt rechtfertigt ein solch boshaftes Verhalten. Die Härte: Ich wurde mal bei Facebook zu einer geheimen Gruppe eingeladen, welche sich das Mobben und schlecht reden einer gewissen Person zur Aufgabe machte. Ich war schockiert und tobte vor Wut! Nachdem ich in die Gruppe geschrieben hatte, dass das Verhalten kindisch, verletzend und unangebracht sei, flog ich aus der Gruppe, mit der Konsequenz, dass auch über mich gelästert wurde. Da fragt man sich: Was sind das für Leute? Was ist bei denen schiefgelaufen? Wohl so ziemlich alles.
Oft merken die Hardcore-Mobber nicht einmal, dass sich ihr Verhalten auf kurz oder lang auch negativ auf sie selbst auswirkt. Denn wer möchte schon einen ständig meckernden, ständig Negativität verbreitenden “Freund” in seinem Umfeld haben? Wer schaut über Jahre bedingungslos beim Mobben zu? Zum Glück nicht alle in der Gay Szene in Dresden! So machen sich die Mobber mit ihrem Verhalten selbst zu Außenseitern. Und während sich die Leute, über die gelästert wurde, was das Zeug hält, weiterentwickelt haben, treten die mit Hass vollgepumpten Leute immer noch auf derselben Stelle. Und sind unzufrieden mit ihrem Leben. Genau diese Unzufriedenheit mit sich selbst lässt viele dann noch mehr Hass und Gerüchte verbreiten, nur um sich selbst besser zu fühlen. Eine Rechnung, die nicht aufgeht. Ein Teufelskreis.
Es gibt Menschen, wie mich, denen es “nur” schmerzt, wenn über sie gelästert wird. Doch gibt es auch viele Menschen, die das so sehr im Herzen verletzt, dass sie ihr ganzes Ich infrage stellen. Und das muss doch wirklich nicht sein. Das will ich nicht und das sollte auch niemand so wollen! Erst recht nicht, wenn man eine Minderheit in der Bevölkerung darstellt und eigentlich zusammenhalten und füreinander einstehen sollte. Eben genau so, wie es der Gedanke vom Christopher Street Day nun mal ist. Der CSD fordert Akzeptanz, Toleranz und Offenheit – doch nicht nur von den anderen, sondern in erster Linie von uns untereinander. Die Gay Szene in Dresden sollte ein Zuhause darstellen – kein Haifischbecken.
Ich wünsche mir für die kommenden zwei CSD Wochen einfach eine tolle Stimmung, bei der Hass und Lästereien verbannt werden. Ich fordere alle dazu auf, dass sie sich ganz klar von Gerüchten und Hasspredigern distanzieren. Wenn wir etwas nicht noch mehr auf dieser Welt brauchen, dann ist es Hass. Mobbing und Intoleranz sind auch diese Saison kein angesagter Trend. Stop the Drama. Start the Music.
Update: zum 01.06.2022 habe ich fünf Jahre später ein Update über meine Gedanken geschrieben: die Dresdner Schwulenszene 2.0
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Sehr geehrter Mr. Matthew,
mit großem Interesse hab ich Ihren Kommentar zum Geschehen unter Homosexuellen in Dresden vom Mai 2017 gelesen.
Gern habe ich dabei nicht nur Ihre Genauigkeit, sondern auch Ihre unparteiische Analyse gesehen.
Um Sie nicht zu langweilen, will ich mich möglichst kurz fassen.
Sie machen richtigerweise auf eine Personengruppe aufmerksam, deren natürliche Neigung (dem Nachgehen derselben) vor einigen Jahren hier noch unter Strafe gestellt war (BRD wohl 1973 oder 1977).
Dies hat sich unter (politischem) Zwang nun gebessert; auch in der Gesetzgebung.
Eines hat sich nicht wirklich gebessert: die Allgemeinbildung der Menschen in unserer Gesellschaft.
Das ist ja auch nicht gewollt und erforderte einen gewissen Aufwand, jemandem, der in seiner Arbeit täglich tausende Hühner schlachtet, ein soziales Gegengewicht zu geben.
Dies führt „natürlich“ dazu, dass diese Eigenschaften (auch die Werbung baut z.B. darauf) in Personenkreisen fortleben, welche sich vom Naturell her als „anders“ wahrnehmen und auch so wahr genommen werden.
Die Menschen sind nach wie vor nicht sonderlich gebildet und dies schlägt sich auch im Verhalten innerhalb einer Gruppe nieder. – Sozialverhalten eben. Und da es angeblich im Krieg sowie in der Liebe kein Gesetz gibt, ist Bösartigkeit ständig und allerorten unterwegs.
Ihre Besorgnis teile ich; Abhilfe jedoch kann nur ein deutlicher Zuwachs an Bildung bringen. – Man muss punktuell schon froh sein, dass es keine Hexenverbrennungen mehr gibt; mobbing kommt dem allerdings sehr nahe.
Sehr geehrter Mr. Matthew, was Sie hier dankenswerterweise ins Netz geschrieben haben, verdient Beachtung und Respekt.
Hoffentlich haben Sie alle Leser verstanden.
Sie wollen bitte davon absehen, diesen Text zu veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Kopall
Autor
Hallo Axel Kopall,
vielen lieben Dank für den ausführlichen Kommentar! Was Sie schreiben finde ich interessant und klasse! Danke für die Wertschätzung und das Teilen dieser Meinung. Bildung ist tatsächlich ein sehr selten gewordenes Gut. Leider.
Modische Grüße,
Mister Matthew 🙂
Hallo Matthew,
bin selber schwul und kenne das Grundproblem, auch wenn ich nicht aus Dresden komme. Habe aber in meiner Jugend Fußball gespielt und obwohl ich mich dort nicht geoutet habe, kam es wohl über viele Ecken raus, dass ich auf Jungs stehe. Du kannst dir sicherlich vorstellen, was dann in der Kabine abging.
Vielleicht kannst du zum Thema Gay und Sport auch mal so einen guten Artikel schreiben? Nur weil man auf andere Jungs steht, frisst man die noch lange nicht auf.
Grüße, Philip
Autor
Hallo Philip,
Danke für den tollen Tipp! Das werde ich tun! Das ist eine wirklich gute Idee!
Ich kenne das auch aus dem Sportunterricht und den Umkleiden da. Ein wirklich seltsames Gefühl.
Ich mache mir mal Gedanken für einen Blogbeitrag! 🙂
Liebe Grüße und Kopf hoch!
Matthew <3
Du sprichst hier ein sehr gutes Thema in deinem Blog an das muss man schon sagen..
Leider ist die Szene eben wie sie ist, toleriert wollen alle Weden dafür gehen sie auf die Straße, hintenraus wird aber über andere Personen schlecht geredet ohne sich der konsekvents im Klaren zu seinen was sie damit anrichten, egal ob Arbeiter oder Selbständig☹️☹️☹️☹️ Habe solche Dinge leider auch schon erfahren müssen und es hätte mich beinahe die Selbständigkeit gekostet.. Am Ende wäre nicht nur mein Leben den Bach runtergegangen sonder auch das meiner Angestellten…
Mein Fazit, es wird gehandelt und gesprochen ohne an die Folgen zu denken…
Ich selbst werde dieses Jahr 38 Jahre und habe mich aus der Szene zurück gezogen☹️☹️☹️☹️ Naja und mit dem Alter biste hier in Dresden eh schon Opa☹️☹️☹️Armes Dresden kann ich da nur sagen..
So das soll es von meiner Seite erst einmal gewesen sein, wünsche dir und deinen Freunden ein schönes CSD Wochenende.
Gruß Dani
Autor
Hallo Daniel,
Ja das ist ein schwieriges Thema.
Schön heftig, wenn du deswegen fast deine Selbstständigkeit verloren hättest. Gut das es soweit nicht kommen musste!
Und das mit dem Alter: ich verstehe sowieso nicht, wieso sich immer alle auf das Alter festnageln. Ich persönlich habe damit überhaupt kein Problem, im Gegenteil, ich komme mit älteren viel besser klar. Aber naja, da merkt man ja wie engstirnig die Gay Szene überwiegend doch ist.
Liebe Grüße und dir auch ein schönes Wochenende!
Modische Grüße,
Matthew
Sehr sehr gut geschrieben und auf den Punkt gebracht! Top! Unterschreib ich so zu 100%.
Autor
Danke Dir Marcus! ,,Freut mich”, dass es auf den Punkt gebracht ist.
Liebe Grüße,
Matthew <3
Hi Matthew,
oh man ich bin echt geschockt, was ich hier gelesen habe. Um ehrlich zu sein dachte ich echt, dass es in der Gay Szene “friedlich” sei und das ganze von Harmonie geprägt ist. Leider falsch gedacht, wie ich gelesen habe. Das schlimme ist ja, dass der Mensch an und für sich irgendwie grausam ist. Egal ob schwul, lesbisch, hertero, bi… viele Menschen können sehr schlechte Eigenschaften mitbringen. Und was man dann hat, das liest man in deinem Beitrag! Ich verstehe nur nicht, warum man es sich untereinander so schwer machen kann. Wieso kehrt nicht einfach jeder vor seiner Tür und lässt den anderen Leben… schließlich lebt man nur einmal!!!
Autor
Hallo Ossilinchen,
Ja, komischerweise meckern die Leute immer lieber als das sie loben.
Es gibt (leider) so viele Menschen da draußen, die sich erst über das schlecht reden anderer gut fühlen können. Das ist schlimm, aber leider die Tagesordnung. Es gibt so viel Hass auf dieser Welt. Nicht nur in der Gay Szene. Die Szene/Community bringt auch viele schöne Dinge und Momente zum Vorschein, die negativen überwiegen aber leider. So finde ich zumindest.
Dass du an Frieden und Harmonie denkst, wenn du an die Gay Szene denkst ist wirklich schön, aber leider nicht realistisch. Frieden und Harmonie sind leider keine Worte, mit denen ich die Gay Szene beschreiben würde.
Vielleicht machst Du ja eines Tages mal eine tolle Begegnung mit der Gay Szene. Vielleicht ja jetzt zum CSD. Ich würde es Dir auf jeden Fall wünschen. Denn die tollen Momente sind auch vorhanden und schön. Nur leider eben selten.
Liebe Grüße,
Matthew <3
Ich habe dich kennenlernen dürfen und du bist mir mehr als sympathisch <3
Ich glaube gegen den Hass in der Welt können wir nichts machen, das ist ein endlos Thema. Aber man kann (und muss) das beste draus machen!
Liebe Grüße,
Sarah.
Autor
Ich Danke Dir! Das freut mich wirklich sehr zu hören! Ich gebe das gerne auch an Dich zurück! Du bist mir ebenfalls sehr sympatisch.
Wir müssen wirklich das Beste daraus machen. Man sollte sich von dummen Leute niemals unterkriegen lassen. Wie sage ich so gerne: es muss auch schlechte Menschen geben, damit man die Guten besser erkennt. So ist das vielleicht auch mit dem Hass und den Lästereien. Man weiß Harmonie erst zu schätzen, wenn man das Gegenteil kennt.
Liebe Grüße,
Matthew <3
Wie wahr ♡♡♡
Danke für deine Lieben Worte. Bis hoffentlich ganz bald ♡♡
Hi Mr Matthew,
hab ich ehrlich nicht gedacht. Hab wirklich damit gerechnet, dass es in der Gayszene friedlich abläuft, gerade weil doch alle so offen sind. So dachte ich zumindest.
Ich hatte dieses Jahr vor zum CSD zu gehen, bin sehr gespannt wie es wird. Vielleicht sehen wir uns ja?? 🙂
Melanie <3
Autor
Hallo Melanie,
es gibt in der Gay Szene in Dresden auch tolle und friedliche Momente. Die negativen überwiegen aber leider.
Dann hoffen wir mal auf einen friedlichen CSD und eventuell auf eine Begegnung! 🙂
Modische Grüße,
Matthew
Oh das wäre toll!!! Dann müssen wir ein Selfie machen!!!!
Hey Matthew,
interessantes Thema was du da ansprichst. Ich habe mal zwei Sachen von Freunden mitbekommen und fand es ziemlich komisch. Schade dass das so sein muss!
Ich wünsche dir alles Gute! Geh deinen Weg!
Sven
Autor
Hallo Sven,
Dankeschön! Ich finde das Thema auch sehr interessant und ein Blogbeitrag dazu war längst überfällig. Tut mir Leid, dass du durch deine Freunde auch zwei schlechte Erfahrungen machen musstest. Dann weißt du ja gut was ich meine. Ich hoffe sehr, dass das besser wird in Zukunft!
Modische Grüße,
Matthew