Leben und Tod
– Wochenrückblick
Kennst du diese Momente im Leben, in denen du dich einfach nur so fragst ,,Warum?“ – und sprachlos und ohne Antworten zurückgelassen wirst? So ging es mir die letzte Woche. Dabei richtete sich mein ,,Warum“ an das Leben und den Tod. Eine Antwort werde ich wohl nie bekommen. Vielleicht ist das auch besser so, denn eine vernünftige Erklärung kann es zu dieser Situation eigentlich nicht geben. Ich musste in ein und derselben Woche meine eine Oma beerdigen und meine andere Oma feiern, nämlich zu ihrem Geburtstag. Kurios und ein wirklich seltsames Gefühl. Vor allem dann, wenn man, wie ich, in allen Momenten und Situationen einen Sinn versucht zu sehen. Welchen Sinn kann es also haben, dass ich eine Beerdigung und gleich darauf einen Geburtstag feiern muss? Erst konnte ich darin absolut keinen Sinn erkennen, verspürte sogar Hass und Wut gegen diese Situation, bevor es mir dann zwischen den zwei großen Ereignissen einfiel: Leben und Tod bedingen sich gegenseitig. Weshalb also den Menschen nicht einmal mehr vor die Nase halten? Denn nur im Angesicht des Todes, verstehen wir die volle Pracht des Lebens. Und vielleicht ist diese Situation, diese Konstellation von Leben und Tod, von Beerdigung und Geburtstag, nichts anderes als ein großes Signal an mich und mein Leben, welches da lautet: ,,Junger Mann, genießen Sie ihr Leben mit jeder Sekunde!“
Die Beerdigung meiner Oma
Was soll man dazu eigentlich großartig schreiben, außer, dass es einfach nur furchtbar war? Trauerrede, Gesang, Blumenschmuck und Anteilnahme der Gäste waren einfach nur wunderschön und würdevoll, der Anlass und das zu Grabe tragen waren aber einfach nur furchtbar. Auch wenn es bereits meine dritte Beerdigung ist, so muss ich sagen, dass das die wahrlich Schlimmste von allen war. 2007 wurde mein einer und 2010 mein anderer Opa beerdigt. Da war ich 10 bzw. 13 Jahre alt. Beide Beerdigungen haben mich zwar sehr mitgenommen, nicht aber so wie die Jetzige meiner Oma. Ich persönlich glaube, dass es am Alter liegt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mit dieser Beerdigung die Endgültigkeit des Todes und die Herrlichkeit des Lebens endlich vollkommen verstanden habe. Mit 10 bzw. 13 Jahren habe ich mir bei Weitem nicht so einen Kopf um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gemacht, wie ich es mir jetzt mache. Seltsam und interessant.
Ich hoffe für meine Familie und mich, dass die nächste Beerdigung noch sehr weit in der Zukunft liegt. Das wünsche ich jeder Familie. Denn irgendwie reist es ein ziemliches Loch in die Herzen von allen. Immerhin geht die Ära eines Familienmitglieds für immer zu Ende und verändert somit eine Familie auch ein Stück weit. Was die Geburt eines Kindes mit sich bringt, hat der Tod eines Menschen schon lange drauf. Leben und Tod sind sich nämlich ähnlicher, als wir das manchmal glauben wollen. Vielleicht sollte ich über den Tod allgemein mal einen Beitrag auf dem Blog veröffentlichen. Generell finde ich – und das habe ich auch durch den Tod meiner Oma gemerkt – wird der Tod im öffentlichen Raum viel zu sehr tabuisiert. Das muss geändert werden. Denn umso mehr wir uns mit dem Thema auseinandersetzen, desto eher können wir damit Frieden schließen. Ein paar mehr Worte über meine Oma, findest du hier auf dem Blog unter dem Artikel Tschüss Oma.
Der Geburtstag meiner Oma
Im ersten Moment hatte ich ein schlechtes Gewissen und fühlte mich fast schon gar nicht richtig in der Lage dazu, so kurz nach einer Beerdigung ausgelassen und fröhlich einen Geburtstag feiern zu können. Doch dann lehrte mich ein Gedanke, der meine Ansicht komplett änderte. Denn warum sollte man einen Geburtstag weniger ausgelassen feiern können, nur weil man dem Tod so nahe steht? Ganz im Gegenteil sogar: durch den Tod meiner einen Oma, konnte ich den Geburtstag meiner anderen Oma einmal mehr feiern, weil ich mehr als verstanden habe, wie wertvoll und wie nicht selbstverständlich das Leben ist. So feierte ich nicht nur ,,einen weiteren Geburtstag“, wie es irgendwie sehr viele sehr oft tun, sondern den Geburtstag schlechthin, weil ich im Hinterkopf die Bilder des Todes hatte. Leben und Tod bedingen sich gegenseitig. Auch wenn beides für sich ziemlich alleine steht, so ist das eine vom anderen abhängig und benötigt es sogar, um in einer Realität beständig zu sein. Denn ohne Tod gäbe es kein Leben – und andersherum.
So feierten wir bis tief in die Nacht – und vor allem bis tief in das Glas. Meine Oma organisierte in einer Gaststätte einen Koch, der Live und direkt vor unseren Augen das Essen am Tisch zubereitete. Das habe ich so vorher noch nie gesehen oder erlebt. Dazu tranken, quatschten und hörten wir fleißig zu, denn der Koch stand nicht stumm da, sondern er erklärte die Gerichte und die Zubereitung auch jeweils. Mehr als interessant, aufregend und vor allem: lecker! Gekocht wurde übrigens auf ultra-heißem Glas! Kann man sich das vorstellen? Ich konnte es mir nicht, habe es nun aber mit eigenen Augen sehen und mit eigener Zunge schmecken dürfen. Wahnsinn. Stolze 10 Gänge (2 Salate, 2 Vorspeisen, 1 Zwischenspeise, 4 Hauptgerichte, 1 Dessert) und noch mehr Gläser mit Wein später, lachten und tanzten wir die gerade gefutterten Kalorien zu Schlagermusik wieder weg. Besonders begeistert hat mich hierbei eine Freundin meiner Oma, die mit über 80 Jahren und Krücken einfach aufstand und anfing zu Tanzen. Einfach nur wunderschön.
Das Leben mit jeder Sekunde genießen. Das ist für mich zum Sinn des Lebens geworden.